AOK Regensburg: Ende des Krankengeldbezuges wegen Pflege eines Angehörigen

Schon mehrfach hatten wir darüber berichtet, dass die AOK Bayern im Falle von einem längeren Krankengeldbezug sehr häufig mit Bescheid das Ende der Krankengeldzahlung feststellt und dies oft mit absolut fadenscheinigen Argumenten begründet. Eine sehr beliebte Begründung in diesem Zusammenhang ist, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) festgestellt habe, dass entgegen der Auffassung des behandelnden Arztes keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorläge. Nunmehr hat die AOK Regensburg in einem aktuell durch uns bearbeiteten Fall den Bezug von Krankengeld mit der Begründung beendet, dass die betreffende Person eine Angehörige pflege und damit vorsätzlich die Heilung verzögere.

1. Der Fall / Das Problem

Im betreffenden Fall war die Versicherte seit Anfang des Jahres arbeitsunfähig krank und erhielt Krankengeld. Sie pflegte einen nahen Angehörigen und benötigte dafür etwa 20 Stunden in der Woche. Auf ausdrückliche Nachfrage der AOK teilte sie dieser schriftlich mit, dass sie die Pflege schon sehr anstrenge, aber keine anderen Möglichkeiten bestünden. Daraufhin stellte die AOK die Krankengeldzahlung mit sofortiger Wirkung und ohne jegliche weiteren Ermittlungen oder Nachfragen ein. Insoweit verwies sie auf § 52 Abs. 1 SGB V und warf der Versicherten direkt vor, diese hätte durch die Pflege des Angehörigen ihre eigene Genesung vorsätzlich verzögert. Eine nähere Begründung erfolgte allerdings nicht.

2. Die Gesetzeslage / Die Entscheidung

Grundsätzlich besteht für die Krankenkasse nach § 52 Abs. 1 SGB V die Möglichkeit, Krankengeldzahlungen zu verweigern oder sogar erstattet zu verlangen, wenn der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Vorschrift führt insoweit aus:

„Haben sich Versicherte eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen, kann die Krankenkasse sie an den Kosten der Leistungen in angemessener Höhe beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer dieser Krankheit versagen und zurückfordern.“

Insoweit müssen aber zumindest folgende (hier relevanten) Voraussetzungen vorliegen:

  • der Betroffene muss gewusst und zu mindesten billigend in Kauf genommen haben (Vorsatz), dass sein Verhalten zu der Arbeitsunfähigkeit führt oder diese verlängert
  • zwischen dem betreffenden Verhalten des Betroffenen und der Verursachung der Arbeitsunfähigkeit muss eine Kausalität gegeben sein, d.h. gerade das Verhalten muss zur Arbeitsunfähigkeit geführt oder eine Heilung verzögert haben.
3. Die Lösung
Auf den hiesigen Fall bezogen, fehlt es wohl an beiden Voraussetzungen, zumindest können diese seitens der AOK nicht einfach so pauschal angenommen zu werden. Zum einen erscheint es kaum möglich, dem Versicherten zu unterstellen, er hätte mit der Pflege eines Angehörigen bewusst eine Verschlimmerung seiner Krankheit in Kauf genommen. Dafür müssen schon weitere Anhaltspunkte vorliegen, als nur die Aussage des Versicherten, dass ihm die Pflege schwerfalle. Darüber hinaus fehlt es hier auch an einer (nachgewiesenen) Kausalität zwischen dem Verhalten (Pflege des Angehörigen) und der Verzögerung der Heilung, jedenfalls kann dies die AOK nicht so einfach ohne die Einschaltung des MDK (feststellen. Dem betreffenden Verwaltung Mitarbeiter fehlt dafür ganz offensichtlich die notwendige Sachkunde.
Eine derartige Entscheidung sollte man daher auf keinen Fall ohne weiteres akzeptieren und gegen den entsprechenden Bescheid Widerspruch einlegen.

Die Rechtsanwälte Dr. Hofmann, Huesmann und Sodan beraten und vertreten Privatpersonen sowie kleine und mittelständische Unternehmen vor allem in den Bereichen Arbeitsrecht, Familienrecht und Strafrecht. Eine besondere Kompetenz der Kanzlei liegt dabei in der Bearbeitung von Fällen mit internationalem Bezug, z.B. mit Berührungspunkten zu Russland oder Südafrika. Die Kommunikation mit den Anwälten kann in Deutsch, Russisch und Englisch erfolgen. Daneben kommen die Rechtsanwälte auch ihrer sozialen Verantwortung nach, insbesondere durch die Übernahme von sozialrechtlichen Mandaten im Grundsicherungsrecht, die Tätigkeit als Verfahrensbeistand in familienrechtlichen Verfahren oder die Vertretung von Personen als Pflichtverteidiger im Strafverfahren.

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Regensburg – Nürnberg – Schmidmühlen

www.kanzlei-hhs.de

Posted in: Sozialrecht

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